mährles Helden

– Elmar Spies

Hi, Elmar Spies hier! Das erste, was einem beim Schlagwort Schäferei in den Sinn kommt ist oftmals „Tradition“. Klar, den Beruf gibt es ja schon unfassbar lange und über die unzähligen Generationen hinweg hat sich enorm viel Wissen und Expertise angesammelt! Es ist auch heute keine Seltenheit, sondern vielmehr die Regel, in diesen Beruf hineingeboren zu werden.

Ganz anders bei mir – ich habe mir Stück für Stück dieses Wissen selbst angeeignet!

Für viele ist die Schäferei nicht nur Leidenschaft, sondern schlicht auch die Lebensgrundlage. Meine Herde hat aber mit zwei Schafen begonnen, die meine Frau und ich zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten. Zwei Schafe! Zwei! Das Ganze hat sich inzwischen vertausendfacht. Um die 2000 Tiere nennen sich inzwischen Teil meiner Herde. Das war wirklich der Beginn eines Abenteuers, das ich immer noch verarbeiten muss. Aber ich genieße jede einzelne Sekunde davon.
Also, die Schäferei ist nicht mein Hauptberuf. Warum ich das dann überhaupt auf mich nehme? Nun, einmal weil es Spaß macht! Enorm viel Spaß. Und weiterhin, weil ich gerne mir selbst, den Tieren und der Natur etwas Gutes tue.

Wenn ich bei Wind und Wetter draußen auf der Weide bin – was so oft wie nur möglich geschieht – dann ärgere ich mich nicht darüber, sondern nehme die Dinge so wie sie sind und erfreue mich daran.Das war vermutlich die erste und wichtigste Lektion, die meine Herde mich gelehrt hat. Nimm die Dinge wie sie sind. Wehre dich nicht, sondern arbeite damit. Das Maß an Lebensqualität, die Hand in Hand mit so einer Einstellung geht, ist wirklich immens. Hey, ansonsten hätte ich meine Herde nicht immer größer und größer werden lassen. Ich erkenne die Verantwortung der Menschen gegenüber der Natur an und sehe es als großen Teil von mir, dieser Verantwortung nachzukommen, aber wenn das Unterfangen eine einzige Qual wäre, würde ich das nicht machen! Nein, das ist kein Beruf für mich, es ist eine Bestimmung. Das erkenne ich Tag für Tag auf’s Neue. Eins mit der Natur zu sein… für viele unvorstellbar, für mich alternativlos.
Nicht nur ein Leben ohne meine Schafe, meine Ziegen (ja, hier leben sie gemeinsam mit unseren Schafen und teilen sich die Arbeit) und meinen Esel, sondern auch ein Leben ohne das Biosphärenreservat Rhön ist für mich schon lange nicht mehr erdenkbar; zu involviert, zu interessiert, zu begeistert. Den Kalkboden des Weinberges pflegen wir ganzjährlich um Insekten- und Pflanzenvielfalt erhalten zu können.

Die Landschaft des Reservats ist mannigfaltig, reicht von weiten Ebenen, über grobes Geröll, bis hin zu dichten Wäldern. Jede dieser Facetten kommt mit ihren eigenen Herausforderungen und Ansprüchen. Eine industrielle Pflege wäre weder ökonomisch noch ökologisches möglich und abgesehen davon überhaupt nicht im Sinne des Reservats. Hier darf Natur noch Natur sein und so ziehen meine Rhönschafe mit ihren schwarzen Köpfchen, meine Kollegen und ich hier durch die Lande und helfen dabei, das Landschaftsbild zu erhalten. Inzwischen auch mit meinem Sohn, der voll und ganz in seiner Rolle als Schäfer aufgegangen ist. Für mich ist das natürlich ganz besonders schön: ich musste mir das Wissen selbst aneignen, habe mich manchmal überwältigt gefühlt und hätte gerne um Rat gefragt.

All das sind Sachen, die ich so nun an ihn weitergeben kann und möchte. Wenn also unser Schäfereibetrieb nicht aus Tradition entstanden ist, so wird er durch Tradition fortgeführt.
Ein Unterfangen, bei dem wir nun auch von Frau Fresenius und IHNEN unterstützt werden. Mit dem fairen Verkauf von unserer Wolle wird uns die Möglichkeit gegeben, den wertvollen Rohstoff sinnvoll und auf gänzlich nachhaltige Art und Weise weiterzuverarbeiten – eine Gelegenheit, die alles andere als selbstverständlich ist und über die wir unheimlich froh sind.

— Elmar Spies

Text: © Elmar Spies
Fotos: © Steffi Elsner