mährles Helden

– Knut Kucznik

Guten Tag! Ich bin Knut Kucznik, von ganzem Herzen Schäfer und verantwortlich für die Hauptstadtschafe. Hinter dieser Herde steckt eine bewegte, zeitweise turbulente, aber durchgängig aufregende Geschichte. Seit ihrer Entstehung 1997 hat sich die Herde immer weiterentwickelt und ich mich mit ihr. Während es mein ursprüngliches Ziel war, möglichst schnell eine Herde von 1000 Tieren zu besitzen um das weitläufige Umland beweiden zu können, hat sich meine Art und Weise, ein Schäfer zu sein stark gewandelt. Während ich zu Beginn 67 Hektar Wiesen im Altlandsberg beweidete, sind daraus inzwischen 110 Hektar Niedermoorfläche und 60 Hektar Trockenrasen in den Naturschutzgebieten „Wegendorfer Mühlenfließ“, „Neuhagener Mühlenfließ“ und „Langes Elsenfließ“ – mit deutlich weniger Schafen als früher. Sowas benötigt natürlich ausgiebige Planung, Recherche und Expertise. Expertise, die ich mir über die Jahre angeeignet habe und nach wie vor mit Freude sammle. Das Ziel war natürlich immer in gewissem Maße Fortschritt, klüger und effizienter zu arbeiten um es Mensch und Tier so angenehm wie möglich zu machen.

Allerdings habe ich irgendwann gemerkt, dass man zwar neue Wege beschreiten sollte, aber sich auch gerne mal auf die alten, vergessenen Pfade begeben darf. So sind frühere, traditionsreiche Arten der Schäferei oftmals bedeutend sinniger, ökonomischer und letztlich auch schöner.

Ein Beruf wie der des Schäfers lebt von seinen Traditionen, durch die Geschichte hindurch hat sich hier von Generation zu Generation so viel Wissen angeeignet, dass man mehrere Lebzeiten davon schöpfen könnte. Ein Leitsatz, nach dem ich meine Herde heute leite.

Etwas, worin ich mich vielleicht von den alten Lehrsätzen der Schäferei unterscheide, ist die Zusammensetzung meiner Herde, die man vielleicht als modern-experimentell bezeichnen könnte, im positivsten Sinne. Zu meinen 450 deutschen schwarzköpfigen Fleischschafen gesellen sich nämlich noch vier Wasserbüffel. Wie vermutlich bekannt eine Tierart, die sich eher selten in Deutschland finden lässt. Obwohl die verschiedensten Vermutungen über den Sinn dieser Tiere in meiner Herde angestellt werden, ist die Erklärung eigentlich recht simpel: : Sie beweiden extrem nasse Gebiete, konkret die Niedermoorstandorte, bei denen meine Schafe an ihre Grenze kommen. Diese Fähigkeit, gepaart mit dem ruhigen Temperament, das ich bereits von meiner restlichen Herde gewohnt war, hat sie direkt mein Herz erobern lassen.

Sehr genügsame Tiere, denen die tägliche Arbeit gut tut und eine wahnsinnige Bereicherung für meine Schäferei sind. Ein solches Unterfangen bringt zwar viele Herausforderungen mit sich (man will bei der artgerechten Haltung und Pflege natürlich keine Abstriche machen), die sich aber lohnen. Ich würde sie nicht missen wollen.

Und gemeinsam mit dieser bunten Truppe beweide ich die Landschaften im Osten Brandenburgs. Zunächst bedeutet das die Landschaft zu pflegen, aber ein ganz persönliches Anliegen ist es mir, sie auch zu prägen. Wir nutzen die Natur nicht nur als Futterquelle, sondern helfen aktiv dabei, Lebensräume zu erhalten und gesund zu halten. Besonders stolz bin ich hier auf die Erhaltung einer der letzten Populationen des Wiesenknopfes in Brandenburg. Eine Pflanze, die ohne unsere tatkräftige Unterstützung hier nicht mehr in den Wiesen und Wäldern zu finden wäre.

Und das ist ein schönes Gefühl. Ein Geschenk von uns an die Natur selbst, aber auch für zukünftige Generationen, die sich an einer hoffentlich genauso artenreichen und vielfältigen Szenerie erfreuen dürfen, wie wir. Umso mehr freut es mich, wenn ich einem breiteren Publikum die Schäferei näherbringen kann und gebe deshalb regelmäßige Hofführungen. Ein so wichtiger und entlohnender Beruf wie der des Schäfers muss im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft bleiben.
Wenn ihr euch für meine Hauptstadtschafe interessiert, dann könnt ihr hier noch mehr über sie erfahren.

— Knut Kucznik

Text: © Steffi Elsner
Fotos: © Elsner / graphik-pool